Meinungen

Nimm dir doch einmal ein ganzes Jahr Zeit …

Nur mal schnell den eigenen Körper umbauen? Geht doch alles in ein paar Wochen, oder? Über den Ansatz, ein ganzes Jahr lang die Sache etwas ruhiger angehen zu lassen – aber dafür andere Vorteile zu genießen.

Haufenweise neue Muskeln – in kürzester Zeit!

Frisch ans Werk! Jetzt mal schnell 5 Kilo an Masse zulegen – und das in 14 Tagen. Müsste doch möglich sein. Zumindest die Werbung der unzähligen Supplements-Hersteller behauptet das immer wieder. Wenn da nichts dran wäre, wäre es ja gelogen – und daher verboten, oder?

So oder so ähnlich beginnen sie, die besten Geschichten des Scheiterns. Oft starten sie mit dem Versuch, Rom an einem Tag zu erbauen. Und enden damit, dass es kurze Zeit später einen frustrierten Trainings-Aussteiger mehr gibt.

Versteh‘ mich bitte nicht falsch: Ich bin weder gegen das Setzen ehrgeiziger Ziele, noch gegen eine optimistische und mutige Grundeinstellung. Was ich aber für entbehrlich halte, ist: Eine weltfremde Sicht der Dinge, die sowohl Enttäuschung als auch Depression fast schon vorprogrammiert. Mindset hin oder her: Durch Positives Denken allein wirst du nicht fliegen lernen – und dabei setze ich voraus, du bist kein Vogel.

Kurzfristig oder doch langfristig?

Es gibt dazu einen sehr guten und passenden Spruch: „Menschen überschätzen, was sie kurzfristig, und unterschätzen, was sie langfristig erreichen können.” Und wenn man schon lange genug auf der Welt ist, dann weiß man: Da ist echt was dran. Steter Tropfen höhlt den Stein, und mit ausgeprägter Konsequenz entstehen Möglichkeiten, die man zuvor noch nicht einmal gesehen hatte.

Besser den Druck herausnehmen?

Aber was bedeutet das konkret? Vielleicht vor allem eines: den Druck herauszunehmen. Was wäre, wenn man mal in aller Ruhe, aber wirklich konsequent eine Zeitlang trainiert? Diesen Prozess sollte man mit aufmerksamer Beobachtung begleiten, ohne sich gleich von jeder Tages-Schwankung aus der Bahn werfen zu lassen. Nach dem Motto: „Mal sehen, ob sich die Sache nach einem Jahr ausgezahlt hat. Aber zumindest habe ich es dann wirklich versucht.”

Wenn schon, dann ordentlich: Gleich mal ein ganzes Jahr. Und konsequent.

Gib dir also genug Zeit, deine Ziele mit harter und konsequenter Arbeit zu realisieren. Hetze dich nicht durch ein paar Wochen oder Monate, sondern behalte das große Ganze im Auge: Deinen gut trainierten Körper, der dich durch den Rest deines Lebens begleiten soll. Hier geht es also mehr um einen Marathon als um einen Sprint.

Die langsamen Änderungen: Schritt für Schritt für Schritt …

In unterschiedlichen Bereichen des Lebens macht man oft folgende Erfahrung: Was schnell kommt, ist auch schnell wieder weg. Was aber langsam kommt, bleibt dann auch länger. Und so könnte es auch mit dem Masse-Aufbau sein: Hart und mühsam erkämpfte Körper-Substanz bleibt auch länger bestehen, wenn mal eine Trainings-Unterbrechung nötig wird.

Es ist doch ganz ähnlich wie beim Versuch, abzunehmen: Physiologisch benötigt Fett-Abbau eine gewisse Zeit, und deshalb ergreifen viele ziemlich zweifelhafte Maßnahmen: Sie bauen Wasser im Körper ab. Das geht zwar schnell, hat aber andererseits auch unerfreuliche Begleiterscheinungen, die bis zu gesundheitlich bedenklichen Gefahren einer Dehydrierung gehen können. All das für nur den „Erfolg”, auf der Waage eine andere Zahl zu sehen? Denn das unliebsame Fett ist ja großteils immer noch da.

Natürlich gibt es auch Parallelen zu diesem Abnehm-Szenario beim Versuch, Muskeln aufzubauen: Wenn es gelingt, Wasser in die Muskelfasern (Zellen) zu bringen, dann werden die Muskeln insgesamt praller und voller. Das hat zwar noch nichts zu tun mit einer „echten” Hypertrophie, die durch die Zunahme der kontraktilen Elemente (Myofibrillen, die für die Kontraktion verantwortlich sind) entsteht, aber: Die Muskeln werden sichtbar größer. Erreicht wird das durch Supplementierung von Kreatin oder durch Aufladen mit Kohlenhydraten, aber diese Vorgänge haben selbstverständlich auch ihre natürlichen Grenzen. Sind die Muskelzellen erst einmal mit Kreatin oder Kohlenhydraten gesättigt, wird keine weitere Aufladung stattfinden.

Will man also ein Muskelwachstum, das auf der Zunahme aktiver Substanz beruht, dann wird man um eines nicht herumkommen: Um den langwierigen Prozess, den die hart trainierten Muskeln für das im Schneckentempo stattfindende Wachstum benötigen. Eine weitere Beschleunigung dieser Vorgänge ist zwar noch über den Einsatz hormonell wirksamer Substanzen möglich, aber das ist wieder eine andere Thematik.

Nicht alles ist sichtbar: Über die „inneren Werte”

Letztendlich sollte man auch auf jene Veränderungen nicht vergessen, die mit freien Auge gar nicht zu erkennen sind. Aber eben diese Veränderungen könnten es sein, die ein zentrale Rolle für die Erhaltung von Gesundheit und Wohlbefinden spielen, wie beispielsweise starke Bänder und Sehnen. Schließlich müssen diese Strukturen auch mit der gesteigerten Kraft der trainierten Muskeln umgehen können, ohne Schaden zu nehmen.

Auch ein Jahr geht vorbei …

Es mag einem zwar manchmal als Ewigkeit erscheinen, aber: Selbst ein ganzes Jahr geht irgendwann vorüber. Die mentalen Schwierigkeiten beim Umgang mit dieser anfangs sehr lange erscheinenden Zeitspann werden von Monat zu Monat weniger, und irgendwann passiert folgendes: Man macht einfach sein Ding. Einfach Tun, ohne Wenn und Aber. Weil man sich daran gewöhnt hat, sein Training durchzuziehen: Alles, was einmal zur Gewohnheit und Routine geworden, ist viel leichter ausfrecht zu erhalten als neue Verhaltensweisen.

Also: Bleib konsequent dran! Arbeite dich anfangs von Tag zu Tag vorwärts, und vergiss nicht, auch deine kleinen Erfolge zu feiern: Nichts ist selbstverständlich! Jeder noch so kleine Schritt vorwärts zählt – und zusammen mit vielen weiteren kleinen Schritten wird am Ende eine beachtliche Strecke zurückgelegt. Sei allerdings achtsam und tappe nicht in die Falle der Frustration, weil dir alles zu langsam geht: Tu, was du tun kannst, und lass deinen Körper dann wachsen. Er braucht war seine Zeit dafür, aber denk dran: Diese Zuwächse werden dir länger erhalten bleiben als rasche „Aufbau-Schübe” mit halb-dubiosen Wunder-Mittelchen.

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